Historische Sulphides

Der Begriff Sulphide bezeichnet ursprünglich die Objekte/Figuren aus einer speziellen Keramik/Porzellanmasse, die in Glas eingeschlossen werden kann. Das Ergebnis in Kugelform sind Sulphide Murmeln - umgangssprachlich aber nur Sulphides genannt.

Hergestellt wurden sie von 1850 bis ca. 1920 in Lauscha/Thüringen – Produktionen in England bzw. Amerika wären möglich, sind aber nicht wahrscheinlich (1) Im deutschen Sprachraum auch als Figurenmurmeln oder Tiermurmeln bekannt, sind sie heute weltweit bei Sammlern sehr begehrt, erzielen auf Auktionen Preise von mehreren hundert Dollar oder Euro und sind für Murmelliebhaber immer ein besonderer Teil ihrer Sammlung - wie z.B. bei Johannes Schmitz unter www.murmelwelt.de.

Sulphide | ca. 1890 | Archiv Schusserland

Ist doch der Herstellungsprozess äußerst komplex, technisch aufwendig und von vielen Mythen umgeben. Man kann nicht einfach mal so etwas in Glas einschließen, bei Verarbeitungstemperaturen um die 1000 Grad. Die Materialien müssen miteinander kompatibel sein – sonst springt das Glas oder die Figuren gehen kaputt.

Eines der Geheimnisse liegt in der Zusammensetzung der Porzellanmasse. Glas und Porzellan müssen den gleichen Ausdehnungskoeffizienten haben, die Verarbeitungstemperatur muss genau stimmen – der gesamte Herstellungsprozess erfordert handwerkliches Können und Erfahrung.

Die meisten Sulphides - in Handarbeit hergestellt – gibt es in den Größen von 35 bis 50 mm Durchmesser – selten auch kleiner um 20 mm bis 25 mm.

Sulphides | ca. 1890 | Archiv Schusserland

Das wird verständlich, wenn man weiß, wie klein die Figuren sein müssen, damit sie immer möglichst in der Mitte der Murmel sitzen und sich keine optischen Verzerrungen ergeben. Das Glas wirkt ja wie eine Lupe - die Figuren selbst sind nur ein Bruchteil so groß wie sie später wirken.

Beispiel: Winners - neue Sulphides

Die in den klaren Vollglaskugeln eingeschlossenen, silbrig glänzenden Figuren waren meist Tiere und weiß – bemalte Figuren bzw. Sulphides mit transparenten, farbigen Glas sind sehr selten. Haustiere wie Schafe, Hunde, Katzen, Hasen, Hühner, Ziegen und Wildtiere wie Affen, Elefanten, Löwen, Bären, Raben … waren die häufigsten Motive – menschliche Figuren und Zahlen eher selten. Die Schönheit der Sulphide Murmeln wird auch bestimmt durch die silbrig glänzende Oberfläche der Figuren - es sind eingeschlossene feine Luftblasen zwischen Figur und Glas, die immer entstehen, wenn die Figur mit Glas umfangen wird. Dreht man die Murmel ein wenig in der Hand ergibt, sich durch die Lichtreflexion dann dieser silbrige Schimmer an den Figuren – magisch, fantastisch und einfach schön.

drei alte Sulphide - hergestellt um 1890


Wissenswertes zur Herstellung und Qualität

Aus einer speziellen Keramik/Porzellanmasse wurden in Pressformen bzw. Modeln die Figuren hergestellt und mussten dann langsam getrocknet werden.

Bei der Murmelherstellung heftete ein Glasmacher heißes Glas an eine Eisenstange - der zweite Glasmacher presste die Figur, die er vorher anwärmen musste, in das Glas - die seitlichen Glasenden wurden umgeschlagen und die Figur so eingeschlossen.

Dies musste sehr sorgsam geschehen, da sonst zu viel Luft in Form von großen Luftblasen mit eingeschlossen wurde. Dann wurde mit der Murmelschere eine Kugel geformt, und zwar so, dass die Figur möglichst in der Mitte der Murmel war. Die fertigen Murmeln wurden dann in einer Eisenschale in einen noch warmen Ofen getan und nach Abkühlung herausgenommen - danach durften sie nicht mehr bewegt werden, bis sie komplett kalt waren.

Besonders galt es Zugluft zu vermeiden, da dies im Abkühlungsprozess unweigerlich zu Bruch führte – je größer die Murmeln waren, desto schwieriger der Vorgang.

Merke: Die Qualitätsunterschiede und Ergebnisse waren gewaltig

Große Luftblasen machen die Figur oft schwer erkennbar

Auch zu viele kleine Blasen können die Figur schwer erkennbar machen – je klarer, desto besser sind die Feinheiten der Figuren erkennbar – desto wertvoller sind die Sulphides auch heute – egal in welcher Größe. Aus wirtschaftlichem Interesse sind aber auch viele nicht perfekte Figurenmurmeln verkauft worden.

Dies und die Seltenheit bestimmter Tiermotive sind heute entscheidend für den Sammlerwert.

Rolf Meurer, Murmologe

1. Paul Baumann – collecting antique marbles 2.edition ,1990